„Was Corona für uns bedeutet...“
Interview mit einer pflegenden Angehörigen
Pflegestützpunkt (PSP): Frau Schäfer, wie war das im Frühjahr 2020, als die Beschränkungen wegen der Corona- Pandemie kamen?
Frau Schäfer: Es war erst mal ein kleiner Schock wie es geheißen hat: die Tagespflege ist zu. Das war im März und
ging den ganzen Sommer durch bis zum Herbst.
PSP: Inwiefern war das ein Schock für Sie?
Frau Schäfer: ...weil mein Mann zu der Zeit an drei Tagen in die Tagespflege ging. Das war ja eine große Erleichterung für mich. Und jetzt hatte ich
ihn wieder den ganzen Tag rund um die Uhr zu Hause. Die Entlastung, die ich durch die Tagespflege hatte, war auf einmal ganz weg.
PSP: Wie haben Sie sich gefühlt?
Frau Schäfer: In dieser Zeit war ich sehr belastet. Ich war nervös und angespannt. Ja, die drei Tage haben enorm gefehlt. Ich war auch oft gereizt
und habe es nicht immer auf die Reihe bekommen, ruhig zu sein - und die Sache so hinzunehmen, wie sie eben ist. Wir waren wegen Corona ja auch auf das Zuhause fixiert.
PSP: War das nicht sehr schwierig?
Frau Schäfer: Ja, es war schwierig! Aber mit der Zeit - der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und man gewöhnt sich daran. Man muss funktionieren und
macht das halt, was zu machen ist.
PSP: Als die Tagespflege wieder geöffnet hatte, war dann wieder alles wie vorher?
Frau Schäfer: Nein, nein, überhaupt nicht. Mein Mann hat sich ja mit der Zeit daran gewöhnt, zu Hause zu sein. Er wollte dann nicht mehr zur
Tagespflege. Natürlich, er wird ja rundum versorgt. Er bekommt alles gemacht, alle Hilfestellungen, die er braucht. - Ich hab’s aber geschafft, dass er wenigstens einen Tag in der Woche wieder
geht.
PSP: Frau Schäfer, wenn Sie auf das letzte Jahr zurückschauen und auf die Monate, die jetzt vor Ihnen liegen, was wünschen Sie sich als pflegende
Angehörige?
Frau Schäfer: Was wünsche ich mir? Hmm, das ist schwierig. ... Ich versuche halt, den Alltag zu gestalten. Aber ob es jemals wieder so wird wie vor
Corona, bezweifle ich noch. Ich weiß es nicht. Es fehlt halt an allen Ecken. Ich merke es persönlich bei mir. Dass mir zum Beispiel die Bewegung sehr fehlt - dass ich langsamer im Laufen werde.
Ich kann nicht sagen, ich gehe jetzt mal allein. Ich gehe immer mit meinem Mann. Er kann ja nur ganz langsam gehen. ... Ich müsste auch mal in meinem Tempo gehen.
Bei Klick hier finden Sie das Interview als PDF.
Das Interview führte Norbert Mottl.
Frau Schäfer, 82 Jahre, ist Teilnehmerin der Angehörigengruppe Bodenheim. Die monatlichen Treffen sind derzeit nur telefonisch möglich.
Kontakt:
Pflegestützpunkt Bodenheim
im Caritas-Zentrum St-Alban
Am Reichsritterstift 3, 55294 Bodenheim
Norbert Mottl
Tel. 0 61 35 – 933 95 47;
mail: norbert.mottl@pflegestuetzpunkte-rlp.de
Sabine Weinheimer
Tel. 06135 - 933 95 40mail: sabine.weinheimer@pflegestuetzpunkte-rlp.de
Der Pflegestützpunkt Bodenheim berät zu allen Fragen rund um das Thema "Pflege".
Die Angehörigen Gruppe entlastet die Menschen, die seit Corona in einer besonders belastenden Situation sind.
Herr Mottl führte dazu ein Interview, das Sie hier in der Reihe "Nachgefragt und zugehört" nachlesen können.
Der Pflegestützpunkt Bodenheim ist ein Teil des Arbeitskreises "WiB-AK". Dies ermöglicht es, auch die Bedarfe und sie besondere Situation von pflegenden Angehörigen zum Thema zu machen. Vielen
Dank, liebe Schäfer und werter Kollege für die Erlaubnis, das Interview hier öffentlich machen zu können und die Möglichkeit, dies hier nachzulesen. Auch diese digitale Reihe erhält die
Zusammenarbeit und den wichtigen Austausch, Kerstin Thieme-Jäger (Projektkoordination Netzwerk "WiB - Wir-in-Bodenheim")
WiB-Arbeitskreis (WiB-AK): https://www.wib-bodenheim.de/netzwerk/
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